Vancouver

18. November 2009
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Dienstag, 17. November
6 x Curling für 1 Ticket Eiskunstlauf.
Im Internet fängt die Tauschbörse an zu rotieren. Ich klicke noch einmal auf die Vanoc-Seite. Für Curling bekommt man immer noch offizielle Tickets.
Außerdem, so kursiert plötzlich das Gerücht unter Insidern, soll es im Januar, wenn die von Vanoc angekündigten drei Verkaufsphasen abgelaufen sind, noch einen richtigen Ticketverkauf geben. Mit Schalter und so.
Ob dann wohl die Tickets zu all den Veranstaltungen, die „derzeit nicht verfügbar“ sind, verkauft werden? Werden wir herausfinden, wo dieser Schalter ist? Und wann er geöffnet hat? Und wird Vanoc wieder seine Finger im Spiel haben?
Die Winterspiele 2010, so wird immer deutlicher, sind nicht nur ein Event für qualifizierte Sportler, sondern auch nur für qualifizierte, begeisterte Zuschauer geeignet, die sich von nichts abschrecken lassen!

Montag, 16. November
Im Radio lästert der Moderator über den Ticketverkauf. Er hat auch Tickets ergattert und wird das Eishockeyspiel der Männer Bulgarien gegen Weißrussland sehen. Er kennt beide Mannschaften nicht. Aber immerhin konnte er sich für dieses Spiel (das einzige, für das er Karten bekommen hat!) selbst entscheiden – in Phase 1 wurden die Tickets verlost!
Zuhörer berichten, dass sie Stunden im „Warteraum“ der Webseite verbracht hätten. Sie ist öfter zusammengebrochen, auch während der Bestellung oder bei der Abwicklung des Kaufes. Manche haben wohl 7 Stunden ausgeharrt bis sie zur Bestellung „durchkamen“ – und dann wurde ihre Visa-Karte nicht akzeptiert…
Vanoc verkündet auf seiner Webseite, dass der Ticketverkauf Phase 3 reibungslos ablaufe.

Sonntag, 15. November
Beharrlich versuche ich erneut, Tickets für die Olympischen Spiele 2010 zu kaufen. Mein Name wird abgelehnt, stundenlange Versuche und ich habe keine Chance, mich auf der Webseite von VANOC zu registrieren. Zum Glück steht meine Freundin hinter mir, wir versuchen es mit ihrem Namen. Es klappt! Wir sind drin! Doch das Ticketparadies ist klein und sehr überschaubar: Es gibt Tickets für Eishockey und Curling. Wir entscheiden uns für Eishockey und schlagen zu.
Die Tickets sind bezahlbar, fast billig (jedenfalls billiger als die Tickets für die Saisonspiele der Lokalmannschaft!). Dann folgt das Kleingedruckte: Lieferung: kostet 16 Dollar extra, Tickets im Farbausdruck: 20 Dollar extra… Wir wollen keine Souvenirs, sondern einfach nur Eintrittskarten, und wir holen sie auch selbst ab.

Sonnabend, 14. November
Wir machen einen Ausflug. Harrison Hot Springs. Als ich letzten Sommer Reiseberichte von Deutschen in Kanada gelesen habe, die 200 km zum Lieblingsbadesee gefahren sind, habe ich mitleidig gelächelt. Albern! Jetzt revidiere ich meine Meinung. Die Entfernungen sind hier wirklich andere. Wir fahren knapp 150 km zu heißen Thermalquellen…
Vor Ort entscheiden wir uns spontan noch für eine Schiffstour auf dem Harrison River. Eine Mutter mit ihren drei Kindern und wir sind die einzigen Gäste – es ist familiär, der Preis reduziert und die Getränke sind frei. Keine Saison für Touristen, Hochsaison für die Lachse. Die laichen. Und dann sterben sie. Gefundenes Fressen für die Adler, die von Alaska herunterkommen, um hier zu überwintern. Wir sehen hunderte, ungelogen. Dazu Gänse, Kraniche, Seehunde, Biber… Der Höhepunkt ist ein Schwarzbär. Auch er fischt am Ufer nach Lachsen.

Donnerstag, 12. November
Es regnet, es ist kalt und meine Freundin hat einen Termin. Sie flitzt zum Auto – und das ist weg! Panikanfall, Schweißausbruch, Hektik. Wir überlegen. Sie fährt mit dem Taxi zu ihrem Termin, ich rufe einen unserer kanadischen Bekannten an. Er schließt Diebstahl sofort aus, ganz klar – es war die Stadt! Begrüßungsgeschenk für alle Neuankömmlinge: Mindestens einmal wird das Auto abgeschleppt. Kein Grund zur Panik, willkommen in Kanada. Wir haben zu nah am Hydranten geparkt ….
Eine Stunde später habe ich das Auto zurück, die nächsten zwei Wochen gibt es keinen Nachtisch, die Stadtverwaltung fordert ihren Tribut. Ich fange an, alle Kanadier nach den Parkregeln zu befragen. Jeder kennt eine andere Regel – und sie sind alles anders als in Deutschland!

Mittwoch, 11. November
Bier im Pub und neueste Infos zur Bärenjagd: Kanadische Männer, so erfahren wir, tragen beim Zelten in freier Wildbahn selbstleuchtende Schlafanzüge. Das vertreibt die Bären, wenn man dann nachts mal raus muss. Oder so.

Dienstag, 10 November
Vier Mails mit Dank für unseren Vortag, weiteren Fragen und Einladungen zum Kaffee. Ich glaube, wir habens ganz gut gemacht!
Am Abend Treffen der „Literaturszene“ in der Hoycroft-Mansion (Villa Hoycroft). Kinder- und Jugendbuchschriftsteller stellen ihre neuesten Werke Lehrer, Bibliothekaren und Buchhändlern vor. Die Titel wurden vorher vom Verband ausgewählt, jeder hat 90 sec Zeit für die Vorstellung. Kurz & bündig, und am Ende raucht der Kopf.

Montag, der 9 November
Ich flattere vor Aufregung. Wir halten einen Vortrag vor dem kanadischen Schriftstellerverband. Vor lauter Aufregung purzeln meine Sätze durcheinander, da hilft auch der von den Schriftstellern spendierte „Vorab-Rotwein“ nichts. Meine Freundin spricht also, ich klicke durch die Powerpoint-Präsentation. Es gibt viele Fragen aus dem Publikum, langsam werde ich lockerer. Nach zwei Stunden bricht die Veranstalterin ab, die Fragen sind längst noch nicht erschöpft, aber es stehen noch weitere Punkte auf der Tagesordnung.

Sonntag, der 8. November
Endlich! Die Telefonhotline von Vanoc funktioniert! Heureka, ein Lebenszeichen! Eine freundliche Stimme vom Band informiert den neugierigen Anrufer, dass Phase 3 des Ticketverkaufes aufgrund technischer Schwierigkeiten verschoben wurde. Man kann es in einer Woche noch einmal probieren. Aber nur, so finde ich später noch im Kleingedruckten der inzwischen ebenfalls wieder zugänglichen Webseite, wenn man kanadischer Bürger und im Besitz einer Visa-Karte ist. Es werden keine anderen Zahlungsmittel akzeptiert. Und jeder Bürger darf nur einmal Tickets mit seiner VISA-Karte erwerben, und zwar maximal 4 pro Veranstaltung (Ausnahme: 8).
Wir haben zwar eine deutsche, beantragen aber flugs noch eine kanadische Visa-Karte. Nur zur Sicherheit.

Samstag, der 7 November.
Geheimprojekt „Olympia“. Wir stellen den Wecker, sitzen schon vor dem Frühstück vor dem Rechner und fluchen. Ich habe keinen Zugriff auf die Website von Vanoc, auf der heute um 10 Uhr Ortszeit Tickets verkauft werden sollen. Die Seite ist „currently not available“ (derzeit nicht verfügbar). Die Telefonhotline besetzt.

Donnerstag, der 5. November
Es gab mal wieder eine geheimnisvolle Email von Vanoc, dem Veranstalter der Olympischen Spiele. Angeblich sollen am 7. November, 10 Uhr Pazific Time Tickets für Olympia verkauft werden. Von unseren kanadischen Bekannten, die alle scharf auf Tickets sind, weiß davon niemand etwas.


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2. November 2009
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Sonntag, den 1. November

„Are you here for THE event?“ (Seid ihr wegen DEM Ereignis hier?)
Heute Abend ist die Fackel mit dem olympischen Feuer in Tofino. Tofino ist eine Halbinsel auf Vancouver Island, und wohl der westlichste Ort an der Westküste des Pazifiks. Die Autobahn, die seit locker 100 Kilometern nur wenig mehr als eine gut geteerte Straße ist, endet hier und auf drei Seiten von Wasser umgeben gilt Tofino als DAS Surferparadis schlechthin. Die letzten Tage war ein großer, internationaler Wettkampf, den einer der Einheimischen gewann (O`Neil Cold Water Classic Canada).
Beim Bestaunen der Surfkünstler hören wir am Strand von anderen Touristen, dass die Straßen gesperrt sein sollen, und treffen auf einem der Strandparkplätze tatsächlich noch auf ein zweites Auto – es ist ein Kamerateam. Nach ein wenig Smalltalk verraten sie uns, dass die Straßen zwischen den Dörfern natürlich nicht gesperrt werden – die Fackel wird im Auto transportiert und für den kleinen Konvoi muss man nun wirklich nichts absperren.
Zurück in Tofino mischen wir uns „unters Volk“. Wir erfahren, dass am „Long Beach“ die Indianer die Fackel mit Trommeln und einem kleinen Fest weitergereicht hätten – genaue Informationen darüber findet man aber nirgends. Es gibt nur ein kleines Plakat mit den in Tofino selbst stattfindenden Events.
Am Nachmittag sind im Dorf Zelte aufgestellt und man hat das Gefühl, das halbe Dorf ist auf den Beinen – es sind vielleicht 200 Leute, die da so „rumstehen“. Es regnet und unschlüssig stehen wir dabei und werden zu heißer Fischsuppe eingeladen.
Gegen 17 Uhr geht das Programm auf der von VANOC extra aufgestellten Bühne los: eine Gruppe von First Nations spielt ein Lied auf ihren traditionellen Trommeln. Danach ist die Bühne fest in der Hand von VANOC: Der Moderator (diesmal gibt es einen!) bejubelt die Spiele und dann sind die Sponsoren dran: COCO-COLA schickt ein Animationsteam auf die Bühne (Drei Jungs trommeln und drei Sportler zeigen akrobatische Künste), RBC (Royal Bank of Canada) lässt einen Künstler live auf einer sich ständig drehenden Leinwand mit Sprühfarben das Fackelplakat von VANOC nachgestalten und eine kanadische Sängerin singt den Soundtrack einer Fernsehwerbung. An den passenden Stellen dröhnt laut der Jubel, wir haben am Nachmittag den Soundcheck gehört und wissen, dass diese Euphorie nicht von den Leuten um uns herum kommt.
Um 18.15 Uhr ist eine Fackelübergabe auf dem nahen Skateboardplatz – eine Eisschnelläuferin (die wohl auch schon Medaillen gewonnen hat) übergibt die Fackel an einen Skater, der mitten im Regen ein paar Runden auf dem Skateboard dreht und die Fackel dann an Emily übergibt. Emily, ein Mädchen aus dem Dorf, flitzt freudestrahlend auf die Bühne, wo sie rasch mit der Fackel das Feuerschalengefäß entzündet (das, was aussieht wie ein Rednerpult.) Das ist der große Moment!
Der Häuptling des ortansässigen Stammes spricht ein paar Begrüßungsworte, diesmal ist der Beifall echt. Dann reden die Politiker, ihr Reden sind wie immer vor allem eins: lang. Dann wird noch mal der Surfer (der Gewinner des Vortages, der die Fackel auch mal trug) auf die Bühne geholt – auch diesmal ist der Jubel echt. Obwohl vom Publikum mehrfach lautstark gefordert, bekommt er nicht das Mikrofon – augenscheinlich ist VANOC mit solchen Improvisationen überfordert. Die VANOC-Medienjungs gucken noch mürrischer als in Victoria, ansprechbar sind sie gar nicht mehr. Während auf der Bühne eine 12-Jährige die Nationalhymne und der ortsansässige Chor ein olympisches Lied singen, fotografiert das kanadische Fernsehteam die Eisschnellläuferin. Es sind Privatphotos, jeder von den Jungs darf das Mädchen mal in den Arm nehmen. Auf der Bühne wird das Feuer ausgestellt. Plötzlich ist es dunkel, morgen geht’s weiter.
Es regnet, und irgendwie sollten auch noch ein Feuerwerk und ein Fest im Gemeindehaus stattfinden. Das fängt aber erst um 20 Uhr an – und bis dahin gehen alle nach Hause, und wir holen uns eine Tiefkühlpizza im Supermarkt.
Am späteren Abend gehen wir auch noch mal ins Gemeindehaus – schließlich gibt es kostenloses Essen und live Musik. Ein Barde singt und die Fackelträger knabbern am geräucherten Lachs: Wir erfahren, wer sie sind: Die Frau vom Bürgermeister, der Urenkel der ersten Siedlerin, das Mädchen mit dem besten Abizeugnis. Ach, und ein paar Indianer waren wohl auch dabei. Ein Indianermädchen im weißen Fackelträgertrainingsanzug hab ich auf dem Dorfplatz gesehen – bei dem Fest im Gemeindehaus sind keine Indianer dabei.

Samstag, den 31. Oktober
Die Fackel mit dem olympischen Feuer ist in Nanaimo.
Wir hören im Radio die Verkehrsinformation über die Straßensperren, mehr nicht.


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